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Nutzungsrechtsmatrix

8.03.2010 | EVB-IT Systemlieferung | von Norman Müller

Erstmals mit dem EVB-IT Systemlieferungsvertrag wurde ein Muster einer Nutzungsrechtsmatrix bereitgestellt. Die Verwendung der Nutzungsrechtsmatrix soll es erleichtern, auf die Softwarelieferanten einzugehen, denen es häufig nicht möglich ist, dem Auftraggeber alle in den EVB-IT AGB Systemlieferung genannten Rechte ohne Einschränkungen einzuräumen, weil ihnen die Softwarehersteller ihrerseits diese Rechte nicht einräumen.

 

Dies gilt auch für einige (insbesondere US-amerikanische) Softwarehersteller, die aufgrund weltweiter Unternehmensvorgaben ebenfalls nicht in der Lage sind, die Nutzungsrechte im gewünschten Umfang einzuräumen.

 

Einbeziehung der Nutzungsrechtsmatrix in den Vertrag

 

Es ist vorgesehen, dass die Vergabestelle für jedes Softwareprodukt, für das sie abweichende Nutzungsrechte wünscht oder zulassen will, eine Nutzungsrechtsmatrix (Muster 3) verwendet. Die Matrix füllt sie ihren Vorstellungen entsprechend aus und fügt sie den Verdingungsunterlagen bei. Die Einbeziehung erfolgt in Nummer 4.2.1 des EVB-IT Systemlieferungsvertrags, dort über Spalte 7 "Abweichende Lizenzbedingungen".






Vorrangig vor den Regelungen in Ziffer 2.2 der EVB-IT Systemlieferungs-AGB gelten dann die in der Nutzungsrechtsmatrix getroffenen Vereinbarungen. Denkbar ist beispielsweise eine Beschränkung der Rechte auf die Nutzung innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, auf eine bestimmte Hardware oder die Einschränkung der Übertragbarkeit der Rechte.


Sollen für mehrere Softwareprodukte die gleichen Abweichungen geregelt werden, kann aus mehreren Tabellenzeilen auf dieselbe Nutzungsrechtsmatrix verwiesen werden.


Die Vergabestelle stellt in ihrem  Leistungsverzeichnis (Bewertungsmatrix) dar, welche Kriterien der Nutzungsmatrix, die als Bewertungskriterien definiert, gewichtet und ggf. wie  bewertet werden. Dabei gilt, dass die Nichteinhaltung einer Mindestvorgabe des Auftraggebers in der Spalte 4 der Nutzungsrechtsmatrix zum Ausschluss führt.


Hinweis:

 

Da Bieter an Standardsoftware nur die Rechte einräumen können, die die Hersteller dieser Software gewähren, sollte sorgfältig geprüft werden, in welchem Umfang von Mindestvorgaben und Ausschlusskriterien in Spalte 3 gemacht wird.

 

Warum sollte man die Rechteregelung in der Nutzungsrechtsmatrix festhalten, es steht doch alles in den AGB?

 

Ist die Vergabestelle bereit, die Lizenzbedingungen des Rechteinhabers zu akzeptieren, werden diese in der Regel in Gänze als Anlage Vertragsbestandteil. Die Vergabestelle hat dann die Aufgabe, den Regelungsinhalt der Lizenzbestimmungen und deren Abweichungen von den Vorgaben in den EVB-IT AGB  zu erkennen und zu bewerten. Dies ist angesichts der Komplexität vieler Lizenzbestimmungen und der Tatsache, dass sie oft in englischer Sprache gehalten sind, ein fast unmögliches Unterfangen.

 

Darüber hinaus besteht bei Einbeziehung der Lizenzbestimmungen des Rechteinhabers als Anlage zum Vertrag die Gefahr, dass diese  Lizenzbestimmungen vorrangig vor den EVB-IT AGB gelten.

 

Selbst wenn die Bieter auf Wunsch der Vergabestelle auf die Heranziehung ihrer AGB bzw. der AGB des Rechteinhabers verzichten und stattdessen die Nutzungsrechte aus den EVB-IT AGB vereinbart werden, kann dies zu folgenden Konsequenzen führen.

 

Der Bieter verpflichtet dann zwar die Rechte, wie in den EVB-IT AGB geregelt, einzuräumen, praktisch kann die Rechteeinräumung aber scheitern. Dies liegt daran, dass es keinen sog. gutgläubigen Rechtserwerb gibt. Daher kann der Auftraggeber nur solche Rechte erwerben, über die der Auftragnehmer seinerseits auch verfügt. Dies führt also dazu, dass vereinbarte Rechte, mangels Rechtsmangel tatsächlich nicht eingeräumt werden.

Dies kann zur Folge haben, dass dem Auftraggeber später vom Rechteinhaber die Nutzung der jeweiligen Software untersagt werden kann und weitere Ansprüche,   z. B. auf Zahlung einer zusätzlichen Nutzungsentschädigung oder Schadensersatz gegen den Auftraggeber geltend gemacht werden können.

 

Durch Verwendung der Nutzungsrechtsmatrix wird nun den Vergabestellen ein Weg geboten, den Bietern ihrerseits eine Form vorzugeben, mit der sie die von ihnen gewünschten Abweichungen von den Vorgaben der EVB-IT AGB zumindest teilweise anbieten können, ohne die AGB des Rechteinhabers in Gänze beizulegen. Auf diese Weise kann darüber hinaus in vergaberechtlich korrekter Form auch solchen Anbietern die Teilnahme an Ausschreibungen ermöglicht werden, die nicht EVB-IT-konforme Nutzungsrechtsbedingungen der Rechteinhaber weitergeben müssen. So wird der Bieterkreis zur Förderung des Wettbewerbs erhöht. Gleichzeitig kann Software so noch bedarfsgerechter und damit kostengünstiger eingekauft werden.

 

Geltungsreihenfolge der Regelungen

 

Automatisch gelten dann die Nutzungsrechtsregelungen aus den Lizenzbedingungen des Softwareherstellers, sofern solche gemäß Nummer 4.2.2 des EVB-IT Systemlieferungsvertrages einbezogen wurden. 

 

Zusammengfaßt ergibt sich folgende Geltungsreihenfolge:

  • Regelungen aus der jeweils einbezogenen Nutzungsrechtsmatrix
  • Regelungen aus Ziffer 2.2 der AGB
  • Nutzungsrechtsregelungen aus den Lizenzbedingungen des Softwareherstellers

 

Der Nutzungsrechtsmatrix kommt also eine große Bedeutung bei der Ausgestaltung der Rechteregelungen zu.


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