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Dauerhafte Überlassung von Standardsoftware

8.03.2010 | EVB-IT Systemlieferung | von Carsten Gerlach

Der EVB-IT Systemlieferungsvertrag sieht flexible Regelungen für die Beschaffung von Standardsoftware vor.


Standardsoftware


Der Begriff "Standardsoftware" steht für Softwareprogramme, Programm-Module, Tools etc., einschließlich der zugehörigen Dokumentation, die für die Bedürfnisse einer Mehrzahl von Kunden am Markt und nicht speziell vom Auftragnehmer für den Auftraggeber entwickelt wurden.


Standardsoftware ist grundsätzlich urheberrechtlich geschützt. Will der Auftraggeber die im Rahmen des Projektes gelieferte oder erstellte Software seinen Vorstellungen und Bedürfnissen nutzen, benötigt er entsprechende Nutzungsrechte. Ziffer 2.2 der AGB regelt diese Nutzungsrechtsüberlassung und differenziert dabei zwischen Standard- und Individualsoftware.

 

Nutzungsrechte

 

An Standardsoftware werden nur einfache, nicht ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt (siehe Ziffer 2.2 der AGB).


Grundsätzlich gelten diese Rechte nur für die Nutzung an einem Arbeitsplatz, Server o. ä., soweit im EVB-IT Systemlieferungsvertrag in den Nummern 4.2.1 und 4.2.2 nichts anderes geregelt ist. In den Nummern 4.2.1 und 4.2.2 ist deshalbt anzugeben, in welchem Umfang die Software nutzbar sein soll, z. B. auf einer bestimmten Anzahl von gleichzeitig nutzbaren Arbeitsplätzen oder Servern.

 

 


Gerade bei Standardprodukten der großen internationalen Hersteller, deren Regelungen zu Rechteeinräumungen kaum verhandelbar sind, werden dort auch Abweichungen zu Gunsten des Auftragnehmers geregelt werden. Entsprechende Möglichkeiten wurden in der Nummer 4.2.1 des Vertrages durch die Einbeziehung von Nutzungsrechtsmatrizen und in Nummer 4.2.2 des Vertrages zusätzlich durch nachrangige Einbeziehung der AGB der Softwarehersteller geschaffen. Siehe dazu auch die Ausführungen zur Nutzungsrechtsmatrix.


 

Achtung!

Die Formulierung, dass die Software in jeder beliebigen Hard- und Softwareumgebung genutzt werden kann, bedeutet lediglich, dass keine urheberrechtliche Hard- und/oder Softwarebindung vereinbart ist, z. B. ein  OEM-Bundling. Diese rein urheberrechtliche Regelung hat keinerlei Auswirkungen auf die Mängelansprüche des Auftraggebers. Setzt er also die Software in einer anderen als der vereinbarten Systemumgebung ein, wird er bei Mängeln nachweisen müssen, dass diese nicht vereinbarte Verwendung nicht für den Mangel ursächlich ist (siehe Ziff. 13.5 AGB).

 

Nutzungsrechtsmatrix - abweichende Lizenzbedingungen

 

Grundsätzlich sollte der Auftragnehmer die Rechte gemäß Ziffer 2.2 der AGB einräumen. Für den  Fall, dass davon abweichende Nutzungsrechtsregelungen vereinbart werden sollen, muss dies unter Verwendung der Nutzungsrechtsmatrix geschehen. Vorrangig gilt dann die Nutzungsrechtsmatrix. Die jeweiligen Nutzungsrechtsregeln in den als Anlage beigefügten Lizenzbedingungen der Rechteinhaber (siehe Tabelle zu Nummer 1.3.4) gelten jedoch nur, soweit sie nicht den vertraglichen Regeln aus den Nummern 1.3.1 bis 1.3.3 entgegenstehen.

 

Für den Fall, dass dies nicht möglich ist, wurde in Nummer 4.2.1 die Möglichkeit geschaffen, abweichende Nutzungsrechte abschließend in Nutzungsrechtsmatrizen zu regeln. Reicht auch das nicht, um Angebote zu erlangen, kann dem Bieter ausnahmsweise in Nummer 4.2.2 die Möglichkeit eingeräumt werden, Lizenzbedingungen von Software­herstellern in einer Anlage zum Vertrag beizufügen. Diese gelten gemäß Nummer 4.2.2 dann jedoch nachrangig zu den Regelungen in Ziffer 2.2 der AGB und deren Modifizierungen durch die etwaige Nutzungsrechtsmatrizen und nur, soweit sie den sonstigen ver­traglichen Regelungen weder entgegenstehen noch diese beschränken.

 

In Spalte 7 "Abweichende Lizenzbedingungen gemäß Nutzungsrechtsmatrix Anlage" ist es möglich, durch Anlage der entsprechenden  Anlagennummern auf Nutzungsrechtsmatrizen gemäß Muster 3 zu verweisen. Damit ist es möglich, für bestimmte zu liefernde Softwareprodukte Nutzungsrechte zu vereinbaren, die von den Regelungen in den AGB abweichen. Denkbar ist z. B. eine Beschränkung der Rechte auf die Nutzung innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, auf eine bestimmte Hardware oder die Einschränkung der Übertragbarkeit der Rechte.

 

So soll es besser als bisher möglich sein, auf die Softwarelieferanten einzugehen, da es denen häufig nicht möglich ist, alle in den Regelungen der AGB genannten Rechte ohne Einschränkungen einzuräumen, da ihnen die Softwarehersteller ihrerseits diese Rechte nicht einräumen. Dies gilt auch für einige, insbesondere US-amerikanische Softwarehersteller, die aufgrund weltweiter Unternehmensvorgaben ebenfalls nicht in der Lage sind, die Nutzungsrechte im gewünschten Umfang einzuräumen.

 

Die Vergabestelle kann durch die Verwendung der Nutzungsrechtsmatrix solchen Anbietern die Teilnahme an Ausschreibungen ermöglichen und damit den Bieterkreis zur Förderung des Wettbewerbs erhöhen, aber auch durch eine Reduktion der Rechte auf das wirklich benötigte Maß Software noch bedarfsgerechter und damit kostengünstiger einkaufen.

 

Praktisch verwendet der Auftraggeber für jedes Softwareprodukt, für das er abweichende Nutzungsrechte wünscht oder zulassen will, eine Nutzungsrechtsmatrix (Muster 3), füllt sie seinen Vorstellungen entsprechend aus, fügt sie den Verdingungsunterlagen bei und verweist darauf in Spalte 7 der entsprechenden Zeile der Tabelle in Nummer 4.2.1. Sollen für mehrere Softwareprodukte die gleichen Abweichungen geregelt werden, kann aus mehreren Tabellenzeilen auf dieselbe Nutzungsrechtsmatrix verwiesen werden.

 

Eine ausführliche Kommentierung der Nutzungsrechtsmatrix finden Sie hier.

 

Vergütung

 

In Spalte 8 und 9 müssen keine Preise eingetragen werden, wenn ein Pauschalfestpreis vereinbart wird. In diesem Fall genügt ein Eintrag in der Summenzeile am Ende der Tabelle. Auch dieser ist entbehrlich, wenn die Vergabestelle in Nummer 1.2 auf einen Ausweis der Pauschalfestpreise verzichtet hat.


29.03.2024

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