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Anwendung des Vergaberechts auf Immobilienverkäufe

3.12.2009 | Vergaberecht | von Markus Schmidt

Das OLG Düsseldurf hat in der sog. Ahlhorn-Entscheidung den Anwendungsbereich des § 99 Abs. 3 GWB (alt) unter Berufung auf die Rechtsprechung des EuGH zur Richtlinie 2004/18 (Koordinierungsrichtlinie) weit in den Bereich der Immobilienveräußerungen durch die öffentliche Hand ausgedehnt. Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist insbesondere in der Literatur auf starken Widerspruch gestoßen. Das OLG Düsseldorf hat den Inhalt seiner Auslegung der Koordinierungsrichtlinie selbst mit Beschluss vom 02.10.08 (VII - Verg 25/08) dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der Gesetzgeber hat bereits mit der Novellierung des Vergaberechts vom 20.04.09 § 99 Abs. 3 GWB geändert sowie einen neuen Abs. 6 zur Baukonzession eingefügt, um der weiten Auslegung des Begriffes des Bauauftrages bzw. der Baukonzession durch das OLG Düsseldorf die Grundlage zu entziehen. Allerdings blieb fraglich, ob diese Änderung des deutschen Vergaberechts in Anbetracht der bisherigen Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung der Richtlinie 2004/18 mit der Richtlinie vereinbar ist. Im Vorlageverfahren vor dem EuGH (C-451/08) liegen nunmehr die Schlussanträge des Generalanwalts vom 17.11.09 vor:

 

Danach ist eine unmittelbare Verbindung zwischen Verkäufer/öffentlichem Auftraggeber und den vom Käufer/Auftragnehmer zu realisierenden Leistungen  erforderlich. Eine solche unmittelbare Verbindung liegt dann vor, wenn das zu errichtende Bauwerk vom Verkäufer erworben wird, dem Verkäufer in sonstiger Weise unmittelbar wirtschaftlich zu Gute kommt, die Initiative für die Realisierung beim Verkäufer liegt oder dieser zumindest teilweise die Kosten der Realisierung trägt.  Im Hinblick auf das Merkmal der Verkäuferinitiative muss die Tätigkeit des Verkäufers jedoch über die Ausübung der normalen städtebaulichen Befugnisse der öffentlichen Hand im Berecih der Stadtentwicklung hinausgehen. Ein rein immaterieller und mittelbarer Nutzen in Form der Umsetzung städteplanerischer Vorgaben und Absichten der Stadtentwicklung eröffnet dagegen nicht die Anwendung des Vergaberechts. Daher genügt es für die Annahme eines dem Vergaberecht unterliegenden Bauauftrags bzw. einer Baukonzession nicht, dass der Verkäufer aufgrund des bei ihm liegenden Bauplanungsrechts Einfluss auf die zukünftige Bebauung bzw. Nutzung der von ihm zu verkaufenden Immobilie hat.

 

Die Annahme eines Bauauftrags bzw. einer Baukonzession im Sinne der Richtlinie setzt weiter voraus, dass der Käufer/Auftragnehmer eine verbindliche vertragliche Verpflichtung zur Erbringung der Bauleistung übernimmt. Anderenfalls fehlt es an der erforderlichen Gegenseitigkeit von Bauleistung und Entgelt.

 

Eine Baukonzession setzt nach Ansicht des Generalanwaltes zwingend voraus, dass die Rechte an dem Konzessionsgegenstand nach Ablauf einer bestimmten zeit an den Konzessionsgeber zurückfallen. Ein unbefristetes Recht kann daher nicht Gegenstand einer Konzession sein.

 

Schließlich seien auch rechtlich und zeitlich voneinander getrennte Vorgänge des Immobilienverkaufs einerseits und Erteilung eines Bauauftrags bzw. einer Baukonzession andererseits als einheitliches, dem Vergaberecht unterliegendes Geschäft zu sehen, wenn klare Hinweise darauf bestehen, dass die Trennung der Vorgänge zur Umgehung vergaberechtlicher Vorschriften erfolgt ist. Hierzu dürfe zwischen beiden Vorgängen keine übermäßig lange Zeitspanne liegen und die Absicht zur Erteilung des Bauauftrags muss bereits bei Veräußerung der Immobilie vorgelegen haben.      

 

Die Schlussanträge des Generalanwaltes stellen noch nicht die Entscheidung des EuGH dar. In der Vergangenheit ist der EuGH bei seinen Entscheidungen jedoch zumeist den Schlussanträgen gefolgt, so dass diese bereits einen wichtigen Hinweis auf die anstehende Entscheidung des EuGH darstellen. Folgt der EuGH diesen Anträgen, ist nicht nur die Frage nach der Vereinbarkeit des neu gefassten § 99 GWB mit den europarechtlichen Vorgaben positiv geklärt, sondern darüber hinaus auch der ausufernden Rechtsprechung des OLG Düsseldorf deutliche Grenzen aufgezeigt.


19.04.2024

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